Im Wechselbad der Kulturen und Temparaturen [TM / UZ / TJ / KGZ]

Man steht an der Grenze zu Turkmenistan und lässt sich kurz über den Kopf gehen, was man eigentlich hier will und was man über dieses Land weiß.

Als Fahrrad Fahrer weiß man schon durch die Visa Vergabe, dass dies kein touristisch orientiertes Land ist, da man höchsens ein 5 Tage Transit Visum ergattern kann (Erfolgsquote liegt wohl intern bei Radlern bei 50%).

5 Tage sind nicht viel, da es innerhalb dieser Zeit 500 km (kürzeste Strecke) in einem Wüstengebiet abzuspulen gilt. Eine Überziehung wird hart geahndet, daher wird sich auch in der sommerlichen Hitze erneut in die Wüste gestürzt.

Und Turkmenistan, zu mindestens von den Gegebenheiten, begrüßt mich und Thorve nicht gerade Radler freundlich. Dünn besiedeltes Wüstengebiet, mit viel Schotterstraße und mit stetigem teils kräftigen Gegenwind.

Bei Temperaturen in der Mittagsstunde von mindestens 48 Grad Celsius, macht es einem extrem schwer.

Mittags wird versucht ein Schattenplatz zu erhaschen und zu mindestens den Zenit der Temperaturen nicht auf dem Rad und in der prallen Sonne zu verbringen.

Aber schon nach ein paar Tagen signalisiert der Körper, dass dies nicht Gesund ist. Für ein paar Jungs aus dem milden Deutschland scheint diese Umgebung nicht ideal, und jeder hat seine Tiefs über die Tage.

Ehrgeiz ist immer vorhanden, jedoch bemerken wir dass die Geschwindigkeit sink und der Akku sich leert. 

Daher wird für eine Teilstrecke der Bus genommen, um den "Turkmenistan-Sprint" zu schaffen, sonst wäre dies bei diesen Konditionen für uns derzeit nicht zu schaffen.

So kommt man auch mal mehr mit den Menschen in Kontakt, jedoch sind diese um einiges distanzierter als Ihre Nachbarn aus dem Iran. Dafür nehmen Sie aber gerne einen hohen Aufschlag für Touristen.

Das erste Land wo es mir extrem auffällt, dass die Touristen sprichwörtlich über den Tisch gezogen werden.

Aber im Endeffekt schaffen wir alles ohne große Probleme, und verlassen das Land welches mir mit Wüste, Hitze und Kargheit in Erinnerung bleibt.


Usbekistan empfängt uns auch weiterhin mit einer sengenden Hitze, und Wüste so weit das Auge und die Tageskilometer reichen.

Kurz hinter der Grenze wird der bis dato Hitzerekord auf der Tour aufgestellt: 56,3 Grad Celsius.

Jedoch reicht die Energie und der Wille für die 2 Tage nach Bukhara, einer alten persischen Handelsknotenstadt. 

Hier im Touristenspot gibt es wieder alles was das ausgehungerte Radlerherz begehrt.

Usbekistan entwickelt sich für uns auch zu einem Transitland. Die Landschaft lässt leider wenig Abwechslung zu, somit laufen die Kilometer bis zur nächsten Wüstenperle Samarkand, relativ unspektakulär.

Mit Samarkand ist die Grenze nicht mehr weit entfernt, zum Land des Pamirs.


Nach einem wirklich unkomplizierten Grenzübertritt, ist auch schon Tadschikistan erreicht.

In den ersten Kilometern im Land, bemerke ich natürlich noch keinen Unterschied, bis auf diese Kleinigkeit, viele Leute zeigen mir den "Daumen hoch".

Hier weiß ich noch nicht, ob es eine generelle Geste der Leute ist, oder ob es aus dem noch nicht so lange zurückliegenden Terrorangriff auf eine Gruppe von Rad-Reisenden im Land herrührt.

Eins bereits vorweg genommen, die Einheimischen welche ich in den nächsten Wochen treffe, sind schockiert über diese Tat und freuen sich dass man als Tourist nicht die Einheimischen und das Land dadurch als Terroristen oder Böse auffasst.

Aber nach dieser kleinen Erkenntnis in den ersten Fahrstunden, kommen auch schon die ersten Höhenmeter.

Was nicht verwunderlich ist, da zwei drittel des Landes aus Hochgebirge besteht. Aber man fängt klein an und es wird Duschanbe für ein paar Tage angesteuert.

Die Routen-alternativen dünnen sich immer mehr aus, jedoch wird die Entscheidung auch nicht immer leichter.

Also was macht man wenn man sich aus 2 Alternativen nicht entscheiden kann? Klar eine Münze werfen. Somit sind die nächsten Tagesetappen auch bestimmt, "zum Anfang" des Pamirs.

Meine Route führt mich an der Afghanischen Grenze entlang, auch an den Anschlagsort des Terrorangriffs. Polizeikontrollen, ein Denkmal und ein mulmiges Gefühl begleitet einem in diesen Kilometern.

Doch die Ruhe entlang des Grenzflusses zu Afghanistan, und die ersten schönen Einblicke in die Gebirgslandschaft, lässt dies aber schnell in den Hintergrund treten.


Doch komme was wolle, egal welche Route man im Land nimmt, man kommt früher oder später auf die berüchtigte Straße "M41", den Pamir Highway. Wobei Highway alles andere als wörtlich genommen werden darf, was auch mir schnell persönlich klar wird, oder eher gesagt die Straße mir klar macht.

Im Korridor des Grenzflusses geht es nach Korough, mein Anfang des Pamirs.

Man erlebt schnell den Wandel der Lebensart der Menschen hier im Korridor zur Hauptstadt.

Alternativen in jeder Hinsicht sind hier rar gesät. Dies bedeutet, es gibt nur einen Weg, die Nahrungsmittelauswahl ist sehr stark eingeschränkt, Selbstversorgung dominiert und somit sind die Siedlungsgebiete vor allen an den Wasserressourcen vorhanden.

So heisst es auch für hungrige und durstige Radler diese Ressourcen zu nutzen. Man nimmt was man bekommt, ohne wenn und aber.

Dies hat bei vielen Reisenden auf dem gesamten Pamir Highway fast immer eine Folge: Magen/Darm Erkrankungen. Mich wird es auch erwischen. Aber man wollte es ja persönlich nicht anders.

Und man wollte Abenteuer: eine Straße, die meist nicht mehr erahnen lässt dass diese asphaltiert war (Sowjet Zeiten), eine Menge Staub schlucken, Hitze, Krankheit und sanitäre Einrichtungen welche nicht weiter beschrieben werden sollten.

Aber mit den Bergen links und rechts, dem Grenzfluss, den doch herzlichen Leuten vergehen diese Tage und bleiben letzendlich in guter Erinnerung.

Ruhetage und Medikamenteneinkäufe sind die Hauptvorbereitungen für den weiteren Weg. Fit und ausgeruht soll es in das Wakhan-Valley gehen.Somit geht es erneut an der afghanischen Grenze entlang, wie schon gefühlt so viele Tage und Kilometer.

Das Wakhan Valley wird wieder mit Thorve angegangen, und wir versuchen den vorangekündigten nicht so leichten Weg gemeinsam zu bestreiten. Im Valley dünnt auf unserer Seite des Grenzflusses die Besiedlung merklich aus, mit jedem Blick über den Fluss nach Afghanistan ist joch noch weniger Leben zu sehen.

In den ersten Tagesetappen, führt die immer schlechter werdende Straße durch Dörfer, welche in Gesamtheit mit der Ernte beschäftigt sind. Jeoch lässt die harte Erntearbeit doch immer Zeit für ein freundliches "Hello" zu.

Jedoch hört die Besiedlung mit der Stadt Langar im Wakhan Valley vorerst auf. Vor einem liegen 6 Tage Gebirgshochebene, welches nur von vereinzelten Hirten in den warmen Monaten bewohnt wird. 

Dies bedeutet für uns, Nahrungsmittel besorgen und auf autarke Tage vorbereiten.


Selbst das letzte kleine Stück Asphalt liegt nun hinter einem, und ersetzt wird er durch Sand, Kiesel, Geröll und Waschbrett-Piste.

Mit diesen Verhältnissen schaffen wir es doch bis auf 3800hm im Wakhan Valley zu kommen, gespickt mit tausenden Tierbegegnungen, welche unerwartet das vorankommen erschweren.

Denn nun Mitte September kommen alle Hirten mit Ihrem Nutzvieh aus den Hochebenen in das Tal um zu überwintern.

Damit sind für uns unzählige Herden in Gegenrichtung unterwegs. Ein interessantes Schauspiel, ohne Frage, würde nicht der Nebeneffekt bestehen, dass die große Anzahl an Vieh die eh schon herausfordernde Straße, zusätzlich zerstört und unberechenbarer macht. Somit hat man die meisten Tage, die Beschäftigung auf die Straße zu achten und irgendwie seinen Weg zu finden. Wobei sich ein Blick rundum zu jederzeit in das Gebirge mehr als lohnt.

Mit den Höhenmetern verändert sich auch das Klima zusehens. Am Tag noch warm mit 25 bis 30 Grad, kühlt es in der Nacht mit zunehmenden Wind merklich ab.

Trotz den anstrengenden Tagen, wird beschlossen eine Schleife über das Zorkul Natur-Reservat zu bestreiten. Welches unter einigen Reisenden, als der schönste Teil des Pamirs gehandelt wird. Das will man sich trotz den Strapazen sich doch nicht entgehen lassen.

Die Viehherden werden weniger, und die Landschaft wird mit jedem auch so anstrengenden Höhenmeter schöner.

Hier soll nun auch gleich zwei mal die 4000 Höhenmeter Grenze geknackt werden. 

Der Wind nimmt zu und auf diesen Höhen fällt Nachts das Thermometer auch in die Minus Grade. Unser Trinkwasser in den Flaschen und fließende Bäche fangen an zu gefrieren.

Selbst Tagsüber ist mit dem unablässigen Wind auf den weiten Ebenen zu spüren dass der Winter kommt. 

Doch gut eingepackt geht es durch die wunderschöne Landschaften welche mit Seen, Hochplateus, umrandet mit schneebedeckten Gipfeln sich auszeichnet.

Auch die letzten 4000er Pässe in Richtung Norden werden bestritten. Mit dem höchsten Pass mit 4655hm ist die Grenze zu Kirgisistan auch fast erreicht und das Abenteuer Pamir geschafft.


In Kirgisistan wird trotzt schöner Landschaft nur sehr wenig Zeit verbracht. der Winter naht zu sehr, um dieses Land zu bereisen. Daher wird ein neuer persönlicher Meilenstein direkt angesteuert.

 

Das ferne riesige China. Wobei Fernost nun sehr sehr nah ist.

 

LG Rene

Stand 12.09.2018